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Zurück in die Vergangenheit?

Der Wahlsieg von Donald Trump wirft viele Fragen auf. Welche seiner Versprechen wird er wahr machen? Volkswirtin Bettina Hametner über mögliche Folgen für die Weltwirtschaft.

Mehr Macht und fragwürdige Ideen

Donald Trump kann sich über seinen Wahlsieg und möglicherweise auch ein starkes Mandat freuen: Es zeichnet sich nämlich ein sogenannter "Red Sweep" ab, das bedeutet, dass die Republikaner zusätzlich zum Präsidentenamt und der Mehrheit im Senat auch eine Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen könnten. Was kommt also von Trumps vielen Ideen, die er in den letzten Monaten kundgetan hat? Einiges davon war widersprüchlich, verwirrend, provozierend und vieles davon kann vermutlich als Wahlkampfgetöse abgetan werden.

3 Themen: Zölle hoch, Steuern runter, Migranten raus

Zölle wurden im Wahlkampf als sein Lieblingswort deklariert. Donald Trump versprach einen Basiszollsatz von 10 bis 20 Prozent auf alle Importe. Auf chinesische Produkte sollen es sogar deutlich mehr sein (60 Prozent). Dazu erwägt er einerseits viele andere Handelsbeschränkungen und andererseits sollen verschiedene Produkte wie Stahl, Pharma und Elektronik aus China überhaupt nicht mehr eingeführt werden dürfen.
 
Höhere Zölle sollen einerseits die heimische Produktion ankurbeln, andererseits finanziellen Spielraum für Steuersenkungen schaffen. Win-win?

"Mehr Wachstum = mehr Budget", so Trumps Sager, soll bedeuten: finanzieller Spielraum dafür, den Unternehmenssteuersatz von pauschal 21 auf rund 15 Prozent zu senken. Die Verlängerung der Einkommenssteuersenkungen und Steuerbefreiung von Überstunden und Trinkgeldern soll den privaten Haushalten zugute kommen und den Konsum ankurbeln. Dass die Zollanhebungen eine ausreichende Gegenfinanzierung für die Steuersenkungen darstellen, ist aber mehr als zweifelhaft. Das sowieso schon hohe Defizit und die Schuldenquote dürften unter Trump weiter steigen. 

 

USA Flagge
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container Hafen
Kurzfristig hui - langfristig pfui

Deregulierungsvorhaben und Steuersenkungen sollten der US-Wirtschaft kurzfristig einen Schub verleihen. Auch Zollanhebungen dürften zunächst einen gewissen positiven Effekt auf das Wachstum haben, schließlich wird ein Teil der US-Nachfrage auf inländische Produkte umgelenkt. Allerdings muss man mit Gegenmaßnahmen der Handelspartner rechnen und die heimische Fertigung wird teurer ausfallen, wenn man auf komparative Vorteile aus der internationalen Arbeitsteilung verzichtet, weshalb mittelfristig wohl ein neuer Inflationsschub das Strohfreuer bremsen wird.

Die ihm äußerst wichtige strengere Einwanderungspolitik und Rückführung Illegaler erhöht den potenziellen Lohn- und Inflationsdruck zusätzlich, da das Angebot an billigen Arbeitskräften in den USA sinkt.

Führt man die Überlegungen weiter, bedeutet eine höhere US-Inflation ein tendenziell höheres US-Zinsniveau, was die inländische Nachfragedynamik bremst. Höhere US-Zinsen könnten gleichzeitig den Dollar stärken, damit aber die preisliche Wettberwerbsfähigkeit der US-Exporteure schwächen. Alles zusammen keine so guten Zeichen für die mittelfristige US-Konjunkturdynamik.

 

Europa Kontinent Lupe
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Eine "neue" Rolle für Europa

Höhere Zölle und Gegenzölle, Handelsstreitigkeiten und ein sich verstärkender Deglobalisierungstrend sprechen für einen höheren Inflationsdruck auch in der Eurozone. Allein die Drohung der USA von höheren Zöllen und Einfuhrbeschränkungen könnte europäische Firmen veranlassen, über eine Auslagerung von Teilen ihrer Produktionsstätten und damit der Wertschöpfung nach Übersee nachzudenken. Mit weiter absinkenden US-Unternehmenssteuern sinkt zudem die relative Attraktivität Europas als Unternehmens-/Produktionsstandort. Ob Trump tatsächlich so heiß serviert wie er kocht, ist fraglich - auf jeden Fall wird er seine Zollanhebungspläne als Drohungen in Verhandlungen ausspielen, um Ergebnisse zu erzwingen. Seine verbale Wankelmütigkeit beschert den Märkten zudem höhere Volatilität und seine ambivalente Haltung zur Nato ist für Europa nicht nur sicherheits- sondern auch wirtschaftspolitisch schwierig, als dies zu steigenden Risikoaufschlägen führen könnte.

Wie soll Europa nun adäquat reagieren? Schwierig! Aber eine Tit-for-tat-Strategie (Wie du mir, so ich dir) führt selten zu effizienten Ergebnissen. Beobachter empfehlen, dass sich Europa gemeinsam stark macht, sich für vernünftige Deals offen hält und mit einem modernen, liberalen Markt auf den Rest der Welt zugeht und so die Chancen europäischer Exporteure stärkt.

Stand: November 2024
Erstellerin: Mag. Bettina Hametner, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG

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08.11.2024 - Volkswirtschaft